In einer Zeit, in der Hitzewellen immer häufiger und intensiver werden, stellt die Überhitzung von Aufenthaltsräumen eine zunehmende Schwierigkeit dar. Der sommerliche Wärmeschutz stellt Planer und Architekten vor deutlich größere Herausforderungen als der Wärmeschutz im Winter. Moderne Architektur mit ihren oft großzügigen Fensterflächen und dem Wunsch nach einem bestmöglichen Außenbezug sowie einer optimalen Tageslichtversorgung steht in einem Spannungsfeld zwischen ästhetischen Ansprüchen und funktionalen Notwendigkeiten. Während im Winter der Fokus darauf liegt, Wärmeverluste zu minimieren, erfordert der sommerliche Wärmeschutz eine präzise Abstimmung der Verglasung, Verschattung und natürlichen Kühlung, um die Überhitzung der Innenräume zu vermeiden. Dies macht eine durchdachte Planung unabdingbar, um gleichzeitig den hohen Komfort und die ästhetische Qualität der Gebäude sicherzustellen. Dabei ist es unerlässlich, den sommerlichen Wärmeschutz bereits in der frühen Planungsphase zu berücksichtigen. Im Folgenden werden Maßnahmen zur Verbesserung des sommerlichen Wärmeschutzes vorgestellt.
1. Planung der Fensterflächen
Die Fensterfläche sollte sorgfältig in Bezug auf das Verhältnis zur Grundfläche des Raumes geplant werden. Große Fensterflächen können im Sommer zu erheblichen Einträgen führen, weshalb eine durchdachte Positionierung und angemessene Größe geplant werden sollten. Insbesondere Fenster auf der Ost- und Westseite führen zu hohen Einträgen, da die Sonne morgens uns abends tief steht, wodurch die solare Einstrahlung in die Räume sehr hoch sind. Auch wenn Fenster auf der Nordseite nur gering von direkter Einstrahlung betroffen sind, sind diese Reflektionen und diffuser Einstrahlungen ausgesetzt. Ein Nordfenster erhält zwar im Sommer nur ca. 25% der Einstrahlungen im Vergleich zu einem Südfenster, doch auch dies führt dazu, dass entsprechende Maßnahmen ergriffen werden müssen.
2. Außenliegender Sonnenschutz
Effektiver Sonnenschutz wird durch außenliegende temporäre Verschattungselemente erreicht. Eine gute Balance zwischen Tageslichteintrag und der Minimierung der solaren Wärmegewinne ist hierbei entscheidend. Geeignete Verschattungselemente sind verstellbare Außenjalousien (Raffstore) oder dunkle Markisen parallel zur Verglasung (Textilscreens/Zip-Screens). Diese Verschattungen sind besonders wirksam, da sie die Sonneneinstrahlung abhalten, bevor sie ins Gebäude eindringen kann, während sie dennoch eine gewisse Menge an Tageslicht zulassen und sich ein Außenbezug herstellen lässt. Die Steuerung des Sonnenschutzes sollte idealerweise automatische, abhängig von der Einstrahlung und der Innentemperatur, gesteuert werden. Der Vorteil eines variablen Sonnenschutzes liegt daran, dass dieser sich an die äußeren sowie inneren Bedingungen anpassen kann, um beispielsweise an kälteren Tagen solare Einstrahlungen zuzulassen.
3. Nachtlüftung zur Nachtauskühlung
Die Nutzung kühler Nachtluft ist eine effektive Methode, um die über den Tag gesammelte Wärme abzuführen. Durch gezielte Nachtlüftung kann die Innentemperatur gesenkt und der Komfort verbessert werden. Hierfür müssen Fensteröffnungen vorhanden sein, die man nachts offenstehen lassen kann. Alternativ oder ergänzend zur natürlichen Lüftung kann eine mechanische Lüftung eingesetzt werden, um die warme Innenluft durch kühle Außenluft zu ersetzen. Wichtig ist, dass die Lüftungsstrategie realistisch geplant wird und auch entsprechend durchgeführt wird, um den gewünschten Kühleffekt zu erzielen.
4. Nutzung thermischer Masse
Materialien mit hoher thermischer Masse, wie Beton oder Ziegel, können helfen Temperaturspitzen abzufangen. Sie speichern die überschüssige Wärme und geben sie wieder ab, sobald die Umgebung kühler ist. Dieser Effekt kann besonders in Verbindung mit einer effektiven Nachtlüftung genutzt werden. Die Nutzung thermischer Masse sollte in der Planung optimiert werden, um das Potenzial bestmöglich zu nutzen. Beispielweise verhindert eine abgehängte Decke oder Vorsatzschalen die Nutzung der dahinterliegenden thermischen Masse.
5. Wärmedämmung
Eine gute Wärmedämmung trägt nicht nur im Winter zur Energieeinsparung bei, sondern schützt das Gebäude auch im Sommer vor übermäßiger Erwärmung. Ein hoher Dämmstandard ist empfehlenswert, um die Wärmeaufnahme zu minimieren und den thermischen Komfort zu erhöhen. Besonders wichtig sind hierbei die Phasenverschiebung und die Amplitudendämpfung, zwei physikalische Effekte, die die Temperaturentwicklung innerhalb des Gebäudes maßgeblich beeinflussen. Phasenverschiebung bezeichnet die Verzögerung des Temperaturdurchgangs durch die Dämmung, was bedeutet, dass die Wärmespitze erst Stunden später die Innenräume erreicht. Die Amplitudendämpfung hingegen reduziert die Intensität der Temperaturspitzen, sodass die Schwankungen der Außentemperaturen weniger stark auf das Raumklima übertragen werden.
6. Verschattung durch Bauteile oder Bepflanzung
Die Integration von Bauteilen wie Überhänge oder Balkone im Süden sowie die Nutzung von Bäumen und Pflanzen als Verschattung kann den sommerlichen Wärmeschutz erheblich verbessern. Pflanzen tragen hierbei zur Reduktion der solaren Einträge bei und führen gleichzeitig zu einem kühleren Mikroklima rund um das Gebäude. Besonders Laubbäume eignen sich gut für die Verschattung, da sie in den Wintermonaten solare Einstrahlungen ermöglichen.
7. Sonnenschutzverglasung
Fenster mit speziellen Sonnenschutzverglasung helfen, die solare Einstrahlung zu minimieren. Glas mit einem niedrigen g-Wert lässt weniger Wärmestrahlung durch, was besonders in Räumen mit großen Fensterflächen oder geringer Verschattung effektiv ist. Auf dem Markt gibt es außerdem schaltbare Sonnenschutzverglasungen. Hierbei kann die Einstrahlung mittels elektrochromer Gläser oder Gläsern mit Flüssigkristallen gedimmt werden.
8. Passive Kühlung
Eine Methode der passiven Kühlung ist die Bauteilaktivierung durch Grundwasser. Hierbei wird das Grundwasser, das in der Regel eine konstante und niedrige Temperatur aufweist, zur Kühlung des Gebäudes genutzt. Wasserführende Leitungen in den Bauteilen, wie beispielweise den Decken oder Wänden, sorgen dafür, dass die Bauteile gekühlt werden und somit die überschüssige Wärme aus den Innenräumen abgeleitet wird. Diese Technik ist besonders effektiv, da sie kontinuierlich eine gleichmäßige Kühlung ermöglicht und keine zusätzlichen Energiequellen, außer Strom für eine Pumpe, für den Betrieb benötigt.
9. Aktive Kühlung
Sollten passive Maßnahmen nicht ausreichen, kann die Installation aktiver Kühltechniken wie Klimaanlagen oder Wärmepumpen notwendig werden. Dabei ist es wichtig, den Energiebedarf für die Kühlung möglichst gering zu halten und auf effiziente Systeme zurückzugreifen, die idealerweise mit erneuerbaren Energien, z.B. PV-Strom, betrieben werden können. Aktive Kühlung sollte als letzte Option in Betracht gezogen werden, wenn alle anderen Maßnahmen den sommerlichen Komfort nicht ausreichend gewährleisten können. Beim gesetzlichen Nachweis für die Einhaltung des sommerlichen Wärmeschutzes nach DIN 4108-2 darf eine aktive Kühlung nicht berücksichtigt werden.
Fazit
Der sommerliche Wärmeschutz ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Gebäudeplanung und wird durch das Gebäudeenergiegesetz (GEG) auch gesetzlich gefordert. Dies sollte bereits in der frühen Planungsphase berücksichtigt werden. Durch die frühzeitige Integration entsprechender Maßnahmen können Planer und Bauherren nicht nur den Komfort und die Gesundheit der Nutzer sicherstellen, sondern auch ein zukunftssicheres und nachhaltiges Gebäude schaffen.
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